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"Die Kraft der gemeinsam vereinbarten Ziele darf nicht unterschätzt werden."

Interview mit Maria Zeitler, Regionale OloV-Koordinatorin im Odenwaldkreis zum Thema "Netzwerken - und worauf es ankommt"

Frau Zeitler, wann und wie ist das Netzwerk Übergang Schule – Beruf im Odenwaldkreis entstanden? Welche Wurzeln hat es? Gab es so was wie eine "Initialzündung"?

Es gab so etwas wie eine Kette von "Initialzündungen" für das Netzwerk Übergang Schule – Beruf im Odenwaldkreis: Wir haben einzelne Projekte inhaltlich aufeinander bezogen und miteinander verknüpft. Da waren auf der einen Seite die Arbeitgeber der Verbundausbildung des Odenwaldkreises, die den Wunsch äußerten, mehr Zugang zu den Schulen bzw. Ansprechpartnerinnen und partnern in Schulen zu bekommen und auf der anderen Seite eine sehr engagierte Arbeitsgruppe im europäischen Kontext, "Spinach for Popeye". Diese Arbeitsgruppe suchte den Austausch mit Ansprechpersonen aus den Ausbildungsbetrieben, damit Übergänge besser gelingen. Über ein weiteres europäisches Projekt hatten wir die finanzielle Möglichkeit, einen großen Workshop zu organisieren, zu dem wir 2006 alle Akteure, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, eingeladen haben. Ein wichtiges Ergebnis aus dem Workshop war, dass eine Berufsorientierung im Odenwaldkreis nur dann gelingen kann, wenn alle ihre Kompetenzen mit einbringen und wir gemeinsam in eine Richtung gehen. Und ab 2006 haben wir dann auch das Angebot von OloV in Anspruch genommen, uns professionell mit Moderation und Know-how unterstützen zu lassen.

Was ist das Ziel des Netzwerks Übergang Schule – Beruf? Ist es irgendwo öffentlich ausgehandelt worden? Gibt es schriftliche Vereinbarungen dazu?

Das Netzwerk Übergang Schule – Beruf im Odenwaldkreis hat sich zum Ziel gesetzt, die Strukturen für den Odenwaldkreis so zu gestalten, dass den jungen Menschen der Übergang in die Arbeitswelt besser gelingt. Hierfür haben die Akteure eine verbindliche Kooperationsvereinbarung schriftlich fixiert und verabredet, dass alle Fachleute ihre unterschiedlichen Kernkompetenzen so einbringen, dass alle voneinander profitieren. Diese Vereinbarung ist 2007 von allen Partnern unterschrieben worden und ist heute auch auf der Website des Netzwerks zu finden (www.odenwaldkreis.de > Leben, Lernen, Arbeiten > Netzwerk Übergang Schule-Beruf > Aufgaben und Ziele > Kooperationsvereinbarung).

Wie sehen die Mitglieder des Netzwerkes den Nutzen ihrer Kooperation? Was denken Sie als Regionale OloV-Koordinatorin und als Netzwerkmanagerin zu dieser Frage?

Die Mitglieder haben relativ schnell gemerkt, wie hilfreich und kommunikativ dieses Netzwerk sein kann. So lapidar es vielleicht klingen mag, aber allein die Tatsache, dass die relevanten Institutionen und Organisationen mit "Namen und Gesichtern" vier Mal im Jahr an einem Tisch sitzen, ist schon ein Wert für sich. Es konnte eine Vertrauensbasis aufgebaut werden, man lernte sich persönlich kennen und das war für die eigene Arbeit ein großer Vorteil. Bald erarbeiteten wir unser Netzwerkhandbuch, eine Übersicht aller Partner im Odenwaldkreis sowie ihrer Angebote und Maßnahmen (www.odenwaldkreis.de > Leben, Lernen, Arbeiten > Netzwerk Übergang Schule - Beruf > Produkte > Netzwerkbuch). So kann man schnell mal den Hörer in die Hand nehmen und eine oder einen der Kolleginnen und Kollegen aus dem Netzwerk anrufen, wenn man eine bestimmte Frage hat.
Als überzeugte Netzwerkerin glaube ich, dass Übergänge von einem System zum anderen nur dann gelingen können, wenn man Informationen austauscht und miteinander redet. Der große Nutzen dieses Netzwerks liegt auch darin, dass wir breit gefächerte Kompetenzen vertreten haben, so dass wir themenorientiert sehr schnell agieren und auf Veränderungen reagieren können.

Welche Rolle spielen Sie als Netzwerkmanagerin für den Zusammenhalt und die erfolgreiche Arbeit des Netzwerkes?

Bei all der guten Arbeit, die von vielen im Netzwerk geleistet wird, ist eine Koordinierung an einer Stelle sinnvoll. Meine Aufgaben in der Rolle der Netzwerkmanagerin sind vor allem Vermittlung und Moderation, auch von möglichen Konflikten oder um Kritik angemessen aufzufangen und daraus möglicherweise Neues zu gestalten. Natürlich bringe ich auch eigene Ideen ein, habe eine steuernde Funktion und bringe im Fachdiskurs aufgetauchte wichtige Themen voran. Die Unterstützung durch die von OloV zur Verfügung gestellte Moderatorin und Beraterin spielt dabei auch eine große Rolle. Mit ihr kann ich Themen und Entwicklungsprozesse gemeinsam diskutieren und einschätzen.

Worin sehen Sie die größten Erfolge des Netzwerkes?

Ein großer Erfolg unseres Netzwerks ist die Beständigkeit und Ausdauer. Die Netzwerkarbeit ist nicht immer ganz einfach. Themen werden von unterschiedlichen Professionen unterschiedlich betrachtet und bewertet. Dennoch finden die Mitglieder im Netzwerk immer wieder einen Konsens und identifizieren sich mit dem Netzwerk. Die Netzwerktreffen sind immer gut besucht. Alle Mitglieder agieren als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Und alle Netzwerkmitglieder halten mich als Koordinatorin und sich selbst gegenseitig "auf dem Laufenden".
Außerdem bildet sich das Netzwerk gemeinsam weiter, indem wir zu den Sitzungen zu relevanten Themen Referenten oder Referentinnen einladen.

Welche Produkte des Netzwerkes sind entstanden? Von wem und wie werden sie genutzt?

Bereits erwähnt habe ich die Kooperationsvereinbarung und das Netzwerkhandbuch. Sehr erfolgreich sind die Job-Bingo-Karten, die aus einer Idee entstanden sind, die wir von einem europäischen Projektetreffen mitgebracht haben. Sie wurden inzwischen von OloV-Partnern aus fast allen hessischen Regionen bestellt. Weiter gibt es ein Plakat, das eine Übersicht über die Angebote der Beruflichen Schulen des Odenwaldkreises darstellt und einen Praktikumsflyer, der sich an Betriebe, Schulen und Jugendliche gemeinsam richtet. Die HiB-Card versammelt im Scheckkartenformat alle Telefonnummer wichtiger Institutionen, die Jugendlichen in Krisen weiterhelfen können. Auch gemeinsame Fortbildungen sind Ergebnisse des Netzwerks. Alle diese Produkte sind dargestellt in einem Regionalen Bericht, der 2012 erstmals fertiggestellt wurde und nun regelmäßig aktualisiert wird. Und sie lassen sich über die Website des Netzwerks Übergang Schule – Beruf im Odenwaldkreis erreichen, die seit 2010 online ist (www.odenwaldkreis.de > Leben, Lernen, Arbeiten > Netzwerk Übergang Schule - Beruf).

Welche Faktoren sind Ihrer Ansicht nach für das Gelingen der Netzwerkarbeit und den Bestand der Netzwerkstruktur verantwortlich?

Die regelmäßigen Treffen sind bedeutsam, die den kontinuierlichen Austausch ermöglichen. Die Mitglieder bringen sich aktiv in die Arbeit ein und zeigen sich verantwortlich dafür, dass das Netzwerk gut funktioniert. Die Kraft der gemeinsam vereinbarten Ziele, die in der Zielvereinbarung schriftlich werden, darf nicht unterschätzt werden. Sie schaffen eine Identifikation mit dem Netzwerk: Jede/r ist Teil des Ganzen.

Was ist Ihrer Meinung nach das Beste und Erfreulichste an dem Netzwerk?

Dass wir trotz "Stolpersteinen" und zum Teil auch kontroversen Diskussionen, die es zwischendurch gibt, immer wieder zu den Themen zurückkommen und dass wir immer wieder den Nutzen und die Vorteile unserer vernetzten Arbeit in den Vordergrund gestellt haben. Die gemeinsamen Fortbildungen sind nützlich bei der Identifikation mit dem Netzwerk.
Es sind in den letzten sieben Jahren Strukturen im Übergang Schule – Beruf im Odenwaldkreis entstanden, die es vorher nicht gab. Dazu gehören auch die regelmäßigen Netzwerktreffen, zu denen immer wieder viele Mitglieder kommen, um das Netzwerk als Informationsforum zu nutzen.
Die durch OloV angebotene gute Moderation und Beratung und die Einbindung in die hessische Strategie unterstützen die regionale Struktur und begünstigen ihre Dauerhaftigkeit. Nicht zuletzt ist die über die OloV-Förderung verfügbare Verwaltungskraft absolut notwendig, wenn man so wie ich die Arbeit der Regionalen Koordination im Kontext aller meiner anderen Aufgaben wahrnimmt.

Wie sehen Sie die nähere Zukunft des Netzwerkes?

Der Demographische Faktor stellt große Herausforderungen an eine Region wie den Odenwaldkreis. Wir brauchen die Kompetenzen aller Akteure im Übergang Schule – Beruf, damit wir Antworten finden, mit denen wir in die Veränderungsprozesse hineinwirken können. Ohne das Netzwerk Übergang Schule – Beruf wird diese Aufgabe nicht zu bewältigen sein.

Gibt es noch etwas Wichtiges zu ergänzen?

Das Netzwerk und die Fachkräfte machen eine gute Arbeit. Gleichwohl sollten wir immer darauf achten, dass die jungen Menschen Selbstverantwortung und Eigeninitiative erlernen. Wir sollten sie immer wieder ermutigen, ihre Biographie eigenständig zu gestalten, so dass sie ihre Selbstwirksamkeit erfahren können.
Und für die Fachkräfte im Netzwerk ist es nützlich, zwischendurch mal in die Rolle eines Jugendlichen zu schlüpfen, auch öfter mal den Jugendlichen einfach zuzuhören, damit sie etwas davon sehen, was diese "umtreibt" und was sie begeistert. Damit wir auch die Hürden sehen können, vor die sich junge Menschen heute gestellt sehen.
Ich freue mich, wenn wir für die jungen Menschen in der Region Strukturen schaffen, die es ihnen erleichtern ihren Weg in den Beruf zu gehen.

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