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Klischee mangelnde Ausbildungsreife

Arbeitgeber klagen, immer mehr Jugendliche seien nicht ausbildungsfähig - wissenschaftliche Belege dafür fehlen allerdings. Dies zeigt eine Studie der Bildungsforscherinnen und -forscher Rolf Dobischat, Gertrud Kühnlein und Robert Schurgatz von der Universität Duisburg-Essen und der Sozialforschungsstelle Dortmund. Sie haben im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht, wie Klagen über die mangelnde Ausbildungsreife Jugendlicher aus Sicht der empirischen Forschung zu beurteilen sind. Ihr Ergebnis: Es gibt keine stichhaltigen Belege für ein generell nachlassendes Qualifikationsniveau.

So hatte etwa die PISA-Studie Zweifel an den Fähigkeiten deutscher Schülerinnen und Schüler geweckt, während gleichzeitig ein erheblicher Teil nach der Schule nicht direkt einen Ausbildungsplatz findet. Zwischen beiden Phänomenen wird häufig ein Zusammenhang unterstellt: Demnach wären Probleme beim Übergang zwischen Schule und Berufsausbildung in erster Linie auf Defizite der Jugendlichen zurückzuführen. Dies ist empirisch nicht nachweisbar.

Tatsächlich falle ein Zusammenhang auf: Die Branchen mit den größten "Besetzungsproblemen" böten besonders unattraktive Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung.

Insgesamt, hält die Forschergruppe fest, sei "unter Einbezug aller zur Verfügung stehenden Erhebungen keine empirische Evidenz für die These eines Leistungsverfalls und mangelnder 'Ausbildungsreife' der jüngeren Schülerkohorten gegeben". Eher im Gegenteil: Daten der BA belegten, dass die allgemeine Intelligenz, das logisch-schlussfolgernde Denken und die Problemlösefähigkeit in den vergangenen 20 Jahren zugenommen hätten.

Dass fehlende Ausbildungsreife trotzdem ein so prominentes Thema ist, halten die Autoren für problematisch: Gesellschaftliche Schuldzuweisungen könnten Lehrstellensuchende von vornherein entmutigen. Das zu verhindern, sei angesichts der demografischen Entwicklung auch im Interesse der Unternehmen. Statt Einzelne zu stigmatisieren, empfehlen die Forscher/innen daher, alle Jugendlichen in die betriebliche Ausbildung zu integrieren und etwaige Defizite durch ausbildungsbegleitende Hilfen auszugleichen. Voraussetzung: Die pädagogischen Kompetenzen des betrieblichen Ausbildungspersonals müssten weiter verbessert werden.

Quelle: Böckler Impuls 9/2012 (23. Mai 2012), S. 6

Rolf Dobischat, Getrud Kühnlein, Robert Schurgatz: Ausbildungsreife: Ein umstrittener Begriff beim Übergang Jugendlicher in eine Berufsausbildung, Expertise, Mai 2012. Download unter www.boeckler.de/39820_39829.htm

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